Vor einigen Monaten erhielt ich eine Anfrage, ob ich Lust hätte ein paar meiner Blogtexte auch ins Französische übersetzen zu lassen. Sie kam von einer meiner Leserinnen. Ihr Name ist Christine und meine Texte haben sie und Antoine inhaltlich abgeholt. Christine ist (hoch)sensibel und lebt in Potsdam. Antoine ist auch (hoch)sensibel und hat jahrelang zu viel Bier getrunken. Er lebt in Paris. Als ich im November 2021 den Blog gründete, wusste ich, dass ich eine Nische bedienen würde, und zwar für die Kombi Sucht mit (Hoch)Sensibilität. Heute bin ich mir manchmal gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich nur eine Nische ist, aber dazu an anderer Stelle mehr.
Leider gibt es bis zum heutigen Tag keine richtige #nüchtern-Bewegung in Frankreich. Von meiner sober-Freundin Halka, die in der Normandie lebt, weiß ich, dass es in Frankreich nur die Anonymen Alkoholiker (AA) gibt, mehr jedoch nicht. Es scheint, dass man in Frankreich noch schiefer angeschaut wird, wenn man sagt, dass man keinen Alkohol trinkt, als das bei uns in Deutschland der Fall ist. Christine schildert mir dazu Folgendes:
Jedes Mal, wenn ich in einer französischen Familie zu Besuch war, war es normal, dass ich beginnend mit dem Mittagessen zu jeder Mahlzeit ein Gläschen sehr guten Wein trank. Ich als Person, die fast nie Alkohol trinkt, fühlte mich vom Mittagessen bis zum Schlafengehen kontinuierlich leicht beschwipst.
Das muss am Rotwein-Image liegen. Mit Frankreich verbinde ich persönlich auch Rotwein. Es ist ein festes Bild, das sich bei mir eingeschlichen hat: Rotwein als Kulturgut. Ich weiß nicht zu 100 Prozent woher das kommt. Vielleicht war der Rotwein schon in unseren französischen Schulbüchern mit abgedruckt und brannte sich deshalb so in mein Hirn mit Frankreich ein? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall verbinde ich bildlich mit Frankreich Käse, Camembert, Trauben, den Eiffelturm, Baguette, Croissants, das Meer und eben Rotwein.
Deswegen habe ich dem Projekt zugestimmt meine Texte ins Französische übersetzen zu lassen. Sie werden als Unterrubrik mit dem Titel „sober moi“ auf diesem Blog erscheinen. Es ist nämlich sehr schade, in Frankreich zu leben, sich für ein freies, abstinentes Leben zu entscheiden und niemanden, außer den AAs zu haben, mit dem man sich verbinden kann. Mir fehlt da die Vielfalt an Angeboten. Das nüchtern Werden und vor allem das nüchtern Bleiben funktioniert meines Erachtens nämlich viel leichter über den Austausch mit Gleichgesinnten. Ich hatte auch mal einen Beitrag dazu verfasst, warum ich die Vielfalt unter den Hilfsangeboten so wichtig finde. Diesen verlinke ich dir hier nochmal. Da ich selbst nicht mehr so gutes Französisch spreche und auch nicht in dem Land lebe, fragte ich Halka, ob sie die Ansprechperson für den französischen Teil meines Blogs sein möchte. Sie hat sofort zugestimmt. Halka führt auf Instagram den französischsprachigen Account sober_moi. Dort berichtet sie über ihr Leben in Frankreich ohne Alkohol. Deswegen nenne ich meine französische Unterkategorie hier auch so. Halkas Account verlinke ich hier:
Link: https://www.instagram.com/sober_moi/
Ich freue mich sehr, dass sich mittlerweile eine kleine ehrenamtliche Arbeitsgruppe rund um meinen Blog gebildet hat. Denn auch Antoines Mutter liest die von Antoine übersetzten Texte noch einmal gegen, bevor wir sie hier veröffentlichen. In den nächsten Wochen möchte ich auch versuchen einen Spenden-Button einzurichten, sodass jeder möglichst unkompliziert der Arbeitsgruppe etwas spenden kann, wenn er mag. Solange der Button noch nicht steht, könnt ihr über meine bisherige „Unterstützen“-Seite Geld senden. Ich leite das dann an die Arbeitsgruppe weiter.
Als ich den Blog vor rund zwei Jahren gründete, hätte ich niemals gedacht, dass meine Texte mal ins Französische übersetzt werden würden. Ich finde das so abgefahren. Es ist so erfüllend zu wissen, dass es da draußen ein paar Menschen gibt, denen meine Inhalte zur sober-Bewegung helfen. Ich selbst bin ja allein wegen meiner Herkunftsfamilie schon total multi-kulti. Daher ist es mehr als sinnvoll, dass auch mein Blog da irgendwann nachzieht. Zudem LIEBE ich die französische Sprache. Sie ist die erste Sprache, die ich auffrischen würde, wenn ich irgendwann wieder mehr Zeit hätte. Ich finde, dass sie so schön klingt, sehr viel weicher als zum Beispiel das Spanische. Wusstet ihr, dass Vietnam mal eine französische Kolonie war? Meine Großeltern waren Französischlehrer und meine Mutter spricht die Sprache fließend. In der Schule ist sie mir tatsächlich nie schwer gefallen, weshalb ich französisch auch bis zum Abi hatte. In den letzten zwei Jahrzehnten war ich nur eindeutig zu viel mit spanischsprechenden Menschen zusammen, sodass heute nur spanische Wörter aus meinem Mund kommen, wenn ich versuche französisch zu sprechen. Aber vielleicht ändert sich das demnächst ja wieder…
Dies sollte nur eine kleine Ankündigung sein, sodass ihr euch nicht wundert, dass vielleicht in nächster Zeit auch französische Texte auf meinem Blog erscheinen werden. Christine dachte sich das Projekt quasi als therapeutische Maßnahme für Antoine aus. Offenbar hilft es ihm beim nüchtern Bleiben, meine Texte zu übersetzen. Ansonsten bleibt hier alles beim Alten. Christine und Antoine werden sich und ihre Geschichte demnächst vorstellen, damit ihr einen Einblick darüber bekommt, wer alles an diesem Blog mitarbeitet. Ich finde ihre Geschichte sehr spannend. ?
Falls es euch interessiert, wieviel wir Deutschen im internationalen Vergleich trinken, habe ich eine gute Übersicht auf Wikipedia gefunden: Dort liegt Deutschland auf Platz 5, was den reinen Alkoholkonsum pro Kopf angeht, vor den Franzosen, die auf Platz 11 sind. Die Tabelle beruft sich auf den Global status report on alcohol and health der Weltgesundheitsorganisation von 2018, abgerufen am 02. August 2023 (englisch). Ich habe mir mal das ganze PDF runtergeladen. Die Zahlen zu der Tabelle findet ihr ab Seite 161 ff.