Für ein positives Leben ohne Alkohol.

Nüchternheit

Udo Jürgens: *30. 09.1934, †21.12.2014

Klaviernoten von Udo Jürgens Heft

Hintergrundbild: Andrik Langfield // unsplash

Udo Jürgens ist heute vor zehn Jahren gestorben. Ich weiß das noch genauso wie heute. Ich lebe nun seit 10 Jahren ohne Alkohol. Somit sind die Jahre meiner Nüchternheit ganz eng mit den Jahren seines Ablebens verbunden. Er starb also kurz vor Weihnachten. Für mich war Weihnachten 2014 das Erste seit langem, das ich nüchtern verbrachte und auch das Einzige, an dem ich ohne Führerschein dasaß. Es war das Weihnachten, an dem gewisse Menschen meiner Familie kein Wort mit mir sprachen, weil mir das mit dem Führerschein passiert ist. In meinem ersten nüchternen Jahr war ich unheimlich viel mit mir selbst beschäftigt. Denn dadurch, dass ich den Alkohol von heute auf morgen wegließ, haben sich Sachen in mir verrückt, die ich erst wieder gerade biegen und zurecht rücken musste. Diese Einsamkeit, die ich an jenem ersten Weihnachten ohne Alkohol verspürte, werde ich wohl nie vergessen. Ich fühlte mich einsam, weil ich mich so unverstanden fühlte. Ich fühlte mich unverstanden, weil mir damals keiner aus meinem Umfeld glaubte, dass ich ein ernst zu nehmendes Alkoholproblem entwickelt hatte. Ich konnte mich damals niemanden so richtig anvertrauen und fühlte mich isoliert und alleine.

Meine Mutter

Bis zu dem Zeitpunkt von Udo Jürgens‘ Tod hätte ich mich niemals als Udo Jürgens-Fan betitelt. Aber ich habe eine vietnamesische Mutter, die seine Lieder bereits aus ihrer Zeit in Vietnam kannte. Das muss an diesem „Merci Chérie“ liegen, das er 1966 veröffentlicht hat und damit im gleichen Jahr den Grand Prix gewann. Dieses Lied war somit sein Durchbruch. Es verschaffte ihm den internationalen Weltruhm. Mama lebt seit 1980 in Deutschland und so haben die Welthits von Udo Jürgens mein kindliches Dasein geprägt. Mit seinen Liedern, die meine Mutter beim Kochen in der Küche hörte, bin ich groß geworden. Ich denke immer, wenn meine Mutter einen Musiker schon zu ihren Vietnam-Zeiten kannte, dann war das ein großer Künstler. Für Michael Jackson gilt übrigens das Gleiche. Den kannte sie auch schon aus Vietnam. Diese vietnamesische Mutter zu haben, die mich mit Udos Liedern in den Ohren aufwachsen ließ, identifiziere ich als eines der größten Geschenke meines Lebens.

Die Johannes B. Kerner Show

Am ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag im Jahr 2014 wurde anlässlich Udos 80. Geburtstags im ZDF eine Show mit Johannes B. Kerner ausgestrahlt. Ich habe gelesen, dass diese Sendung bereits im Oktober 2014 aufgezeichnet wurde, damit sie zu Weihnachten gesendet werden konnte. Zum Zeitpunkt der Aufzeichnung hätte wohl niemand gedacht, dass er am 21. Dezember 2014 bei einem Spaziergang in der Schweiz an plötzlichem Herzversagen versterben würde. So wurde trotz seines unerwarteten Todes diese TV-Aufzeichnung im ZDF noch ausgestrahlt. Ich weiß noch genau, wie ich damals mit meinen Eltern im Wohnzimmer vor dem Fernseher saß und wir so langsam alle vor uns hinweinten, weil dieser Künstler mit seinem Wirken so manche unserer Erinnerungen verschönert hatte. Gewiss liegt es auch an jenem Weihnachten von vor zehn Jahren, weshalb ich ganz besonders zur dunklen Jahreszeit die Lieder von Udo Jürgens höre, wenn ich in der Küche stehe und etwas zubereite. Somit wachsen meine Kinder mit sehr ähnlicher Musik auf, wie ich damals.

Da mich diese Johannes B. Kerner Show damals so berührt hat, möchte ich heute ein paar Auftritte dieser Show mit dir teilen. Inhaltlich ging es darum, dass verschiedene Künstler und Künstlerinnen auf dieser Bühne Udos Songs zum Besten gaben und natürlich in ihrer eigenen Art interpretierten. Im Nachgang gab es dann noch einen Auftritt mit Udo zusammen.

Absolut beeindruckt hatte mich damals Helene Fischer mit ihrem ‚Merci Chérie‘ für Udo:

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Nach diesem Auftritt habe ich erst verstanden, was für eine großer Sängerin Helene ist. Denn damit hat sie für mich unter Beweis gestellt, was für eine grandiose Stimme sie hat und dass sie es mit vielen internationalen Stars aufnehmen kann. Hier mal noch ein Auftritt aus einer anderen Show, wo sie zusammen mit Leona Lewis „Run“ singt. Helene ist wirklich Gänsehaut pur.

Weiterhin blieben meine Augen nicht trocken bei dem großen Auftritt von Jamie Cullum:

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Jamie hat dieses ‚If I Never Sing Another Song‘ so gefühlvoll gesungen, dass mich die Melancholie dieses Songs so eingenommen hat, dass es nur noch bei mir runterlief; bei Yvonne Catterfeld anscheinend auch, wie man in der Aufzeichnung sieht. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich diesen Song nur unter dem Namen „Illusionen“. Das Titelbild oben, das ich für diesen Blogbeitrag abfotografiert habe, ist das Klavierheft, das schon seit Jahrzehnten in der Wohnung meiner Eltern herum fliegt. Meine Klavierlehrerin von damals hat sehr viel Rücksicht auf meine Wünsche genommen. So kam es, dass ich nicht nur Stücke von Beethoven oder Mozart gespielt habe, sondern eben auch ‚Illusionen‘ von Udo Jürgens. Also vielleicht nehmen mich diese Lieder auch so mit, weil ich sie selbst auf dem Klavier spielen kann? Ich weiß es nicht.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf Auftritt von Tim Bendzko mit Lang Lang und ihrer Interpretation von ‚Vielen Dank für die Blumen!‘ teilen:

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Udos Lieder und meine Sobriety

Udo hat es für mich verstanden, wie man gute Texte klangvoll mit Melodien untermalt, um damit beim Publikum eine gewisse Emotion hervorzurufen. Diesen Eindruck habe ich wirklich bei vielen seinen Liedern, auch weil er für seine Zeit sehr gesellschaftskritisch war. Seine Lieder gaben mir viel mit auf den Weg. Sie haben mir bezüglich der Definition meiner eigenen Werte auf die Sprünge geholfen. Denn mein eigenes Wertesystem war durch den vielen Alkoholkonsum der Vorjahre total durcheinander geraten. Ich habe Udos Lieder in meinem ersten nüchternen Jahr ständig gehört: Auf dem Laufband im Fitnessstudio, im Ruheraum der Sauna, beim Backen und beim Kochen. Ständig. Denn seine Texte arbeiteten damals in mir.

Hier eine Auflistung seiner Songs, die ich damals rauf und runter gehört habe:

Mit 66 Jahren

Ich weiß, was ich will

Ein ehrenwertes Haus

Was wichtig ist

Ich bin dafür

Der gekaufte Drachen

Vielen Dank für die Blumen

Ich würde es wieder tun

Ist das nichts?

Mein Bruder ist ein Maler

Gaby wartet im Park

Ich war noch niemals in New York

Immer wieder geht die Sonne auf

Mein Fazit

Viele sagen, dass Udo in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden wäre. Ich sage, dass er in diesem Jahr seit 10 Jahren tod ist. An Weihnachten denke ich immer zu an ihn. Und diese Weihnachten denke ich vor allem auch an meinen Bruder, den ich dieses Jahr verloren habe. Es ist das erste Weihnachten ohne ihn. Ob die Beiden sich wohl im Himmel begegnen? Ich hoffe es doch sehr. Ganz oft stelle ich mir vor, dass mein Bruder jetzt all die verstorbenen, tollen Künstler dort oben trifft. Die, die schon viel zu früh von uns gegangen sind: Michael Jackson, Freddie Mercury, Whitney Houston, Amy Winehouse und natürlich Udo Jürgens. Udos Lieder werden für mich immer zu Weihnachten und zu meiner eigenen Nüchternheit gehören. Danke für dieses Geschenk, lieber Udo. Merci Chérie! ❤️